von losen Zungen und paralysierten Ohren

Menschen im Bus.

Eine Jugendliche streckt ihre schneenassen und straßenschmutzigen Stiefel quer über die Sitzreihe den einsteigenden Fahrgästen entgegen.

Mensch ist erstaunt aber konsequent.

Weißt kurz, knapp aber höflich darauf hin, dass die junge Lady ihre Füße dahin stellen soll, wo sie hingehören.

Sie entspricht dem Wunsch.

Aber nicht ohne ihn mit mehr als loser Zunge zu kommentieren.

Ihre Freundin – einige Sitzreihen entfernt – wird zum Trittbrettfahrer auf  sinkendem Niveau.

Kichert bestätigend.

Mensch denkt nicht weiter über die Jugendlichen nach.

Noch nicht.

Doch die lose Zunge macht weiter und auch vor verbalen Tiefschlägen nicht Halt.

Ungefragt und pausenlos.

Die Musik aus dem Handy der Jugendlichen wird zum Voice-over ihrer überflüssigen Kommentare.

Mensch mag nicht mehr.

Ein weiterer Versuch, dem jungen Menschen klarzumachen, dass es netter wäre, wenn Mensch in Ruhe Bus fahren könnte.

Die Reaktion: verbaler Ausfluss, dem leider jeglicher Charme jugendlicher Schlagfertigkeit fehlt.

Einige Sitzreihen entfernt grunzt die sonst maulfaule Freundin wieder Zustimmung.

Plötzlich erscheinen Mensch die lachenden und kreischenden Grundschulkinder, die in den Bus strömen, als Wohltat.

Die verbalen Zügellosigkeiten der Jugendlichen scheinen unendlich.

Mensch hat Glück.

Steigt bald aus.

Lässt sich nicht weiter auf die beiden Grazien ein.

Hat keine Lust mehr.

Auf dem Fußweg atmet Mensch tief durch.

Im Kopf die lose Zunge.

Im Körper fast ein Schaudern.

Die Gedanken kreisen und Mensch empfindet plötzlich weniger Entrüstung wegen der Jugendlichen und ihres Mundwerks.

Die Entrüstung richtet sich gegen die scheinbar paralysierten Ohren der sogenannten Erwachsenen.

Es scheint niemanden mehr zu kümmern, ob lose Zungen jegliche Grenzen überschreiten und zu grundlos schneidendem Werkzeug werden.

Welchem vermeintlich Erwachsenen steht es zu, die Respektlosigkeit der „jungen Wilden“ zu monieren, wenn deren Ausprobieren sich nirgendwo mehr stösst?

KW 3/13

izniak 01/2013

Ein Gedanke zu “von losen Zungen und paralysierten Ohren

  1. Hallo izniak. Du hast vollkommen recht. Wenn keine Grenzen gesetzt werden, können sie auch nicht überschritten werden. Wobei der erste Hinweis von Mensch schon eine Schranke sein könnte, wenn man sie versteht…

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